20.06.2012

Change ist eine hochemotionale Angelegenheit


Schön ist es doch, wenn sich Kreise im Leben schliessen. Vor 25 Jahren hat mich ein Führungsseminar von Klaus Doppler, dem bekannten Change-Management-Guru aus Deutschland, sozusagen zum Leben erweckt. Nach 25 Jahren echtem lebendig sein, habe ich nun Klaus Doppler in einem Seminar wiedergetroffen. Heute, über 70 Jahre alt, strahlt er immer noch dieselbe jugendliche Tat- und Inspirationskraft und geistige Agilität aus, wie damals.... Und er hat ein neues Buch zu Emotionen im Management bzw. in Veränderungsprozessen geschrieben. Ein Thema, mit dem ich mit in meinem Arbeitsalltag im iek immer wieder auseinandersetze. Soviel zum Kreis, der sich schliesst. Das Buch finde ich sehr lesenswert und ich möchte es hier vorstellen.

Change Management ist heute Alltagsmanagement. Denn kein Unternehmen kann sich mehr darauf verlassen, morgen noch die gleichen Bedingungen vorzufinden wie heute. Aus diesen Anforderungen heraus sind vielfältige Methoden des Change Management entstanden. Nur eins wird gemäss Klaus Doppler systematisch übersehen. Nämlich, dass Change eine hochemotionale Angelegenheit ist. In seinem neuen Buch "Feel the Change" vermittelt er deshalb Managern die Grundlagen, um die Mitarbeiter vor allem mental auf die Anforderungen und Notwendigkeiten von Changeprozessen vorzubereiten.

Gefühle sind keine Schmuddelkinder
Auch wenn in Unternehmen vermeintlich rationale Prozesse im Vordergrund stehen. Die wahre Dynamik eines Unternehmens entwickelt sich im Zusammenspiel der Menschen. Es geht um Macht, um Angst, um Risikoverliebtheit und Angst vor dem Risiko, es geht um Egoismen, Kontrolle und um Kontrollverlust. Klaus Doppler und Bert Voigt beschreiben im ersten Kapitel von "Feel the Change" die "Macht der Gefühle". Zeigen, warum die emotionale und die rationale Bewertung und Wahrnehmung zusammengehören. Und warum es ein Unding ist, dass "Gefühle" im Management wie Schmuddelkinder behandelt werden - obwohl sie das Unternehmensergebnis mehr beeinflussen, als manchen lieb ist.

Die sieben Stufen der emotionalen Steuerung
Wie sich Mitarbeiter für Veränderungen gewinnen lassen, zeigen Doppler und Voigt anhand der "sieben Stufen der emotionalen Steuerung":
  1. Unbehagen mit dem Status quo bewirken. Denn "Menschen verändern sich nicht ohne Not. Als Energiesparer tun sie zunächst alles, um jedwede Veränderung zu vermeiden." 
  2. Lust und Energie zum Verändern entstehen lassen. Hier geht es darum "die kognitive Dissonanz zwischen Wissen und Handeln so deutlich zu machen, dass sie das vorherrschende Gleichgewicht kippen lässt."
  3. Die Zukunft greifbar machen. Und zwar durch eine "eindeutige Botschaft, anknüpfend an die eigene Person und emotional so stark mobilisierend, dass man seiner Wirkung nicht entkommen kann." 
  4. Mental mobilmachen. Damit bezeichnen Doppler und Voigt die Aufgabe, ein "stabiles inneres Leitprogramm zu etablieren", um nicht Gefahr zu laufen, dass die Mannschaft bei den ersten Schwierigkeiten die Flinte ins Korn wirft.
  5. Zeichen zum Aufbruch setzen. Ein Changeprozess ist kein Spaziergang. Es kommt deshalb auf den gut vorbereiteten (und inszenierten) Aufbruch an. Auf den "Startschuss".
  6. Anker lichten und alte Ufer verlassen. Die Phase, in der es darum geht, "das richtige Gemisch aus Freude, Angst, Erwartungen, Hoffnungen, Wünschen, Befürchtungen, Begeisterung, Sehnsucht und Leidenschaft herzustellen."
  7. Das Gefühl erzeugen, auf dem richtigen Weg zu sein. Vorausgesetzt, es ist der richtige Weg. Ansonsten gilt: "Karten auf den Tisch und die bisherigen Lernerfahrungen ummünzen!"

Auf zu neuen Ufern
Um diese sieben Schritte umzusetzen, ist viel Fingerspitzengefühl und viel Selbsterkenntnis erforderlich. Das vermitteln die beiden Autoren Doppler und Voigt anhand guter Selbsttests und indem sie sehr gut auf die nur allzu bekannten Widerstände eingehen. Managementbuch.de - Fazit: "Feel the Change" zeigt Managern und Führungskräften, wie sie ihre Mannschaft auch emotional zu neuen Ufern führen.

http://www.amazon.de/dp/3593394731 Viel Spass und gefühlte Erkenntnis beim Lesen :-)

Bis bald

Ursula Stalder

EQ-Blog@iek.ch

12.06.2012

Geld und Geist


Schon Jeremias Gotthelf hat sich mit den materiellen Zwängen des Daseins beschäftigt und das Thema aufgegriffen, wie Geld und Geist nebeneinander bestehen können. Im Roman verliert der Bauer (Unternehmer) durch "eigenes Ungeschick " eine grosse Summe Geld. Der Verlust führt zu Verbitterung, Groll und Entfremdung in der Familie.


Finanzielle Verluste mit gravierenden Folgen für Wirtschaft und Familie hat es schon immer gegeben und wird es immer geben. Aber wenn früher die wirtschaftlichen Folgen noch überschaubar waren, nehmen heute die "ungeschickten" Handlungen Einzelner aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen, der Organisation der Finanzmärkte und nicht zuletzt wegen der Globalisierung der Wirtschaft unheimliche Dimensionen an.

In den letzten Monaten haben mehrere renommierte Banken durch "eigenes Ungeschick", d.h. durch Finanztransaktionen oder Spekulationen einzelner Mitarbeiter, Milliardenverluste hinnehmen müssen. Die Nachricht hat die Finanzmärkte und das Vertrauen in die entsprechenden Häuser massiv erschüttert. Auch hier sind wohl Verbitterung, Groll und Entfremdung die Folge gewesen - allerdings weltweit und nicht nur im hinteren Emmental.

Ohne die Abläufe, genauen Hintergründe oder Mechanismen solcher Finanztransaktionen genau zu kennen, habe ich versucht mir vorzustellen, was einen Börsenhändler dazu führen kann - respektive was bei ihm emotional abläuft, wenn er mit ein paar Mausklicks mehrere Milliarden Dollars, Euros oder Franken in den Sand setzen kann. Ist es "eigenes Ungeschick", oder was steckt dahinter?


Solche Supermänner werden von den Bankinstituten mit Millionen belohnt, wenn sie am Markt besser sind als die anderen Teilnehmer und entsprechend Gewinne mit spekulativen Finanztransaktionen aller Art hereinholen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an und der Druck auf die Händler.

Börsianer stehen zum Teil im Sekundentakt im Wettbewerb mit tausend anderen, die sich an den Märkten tummeln und miteinander messen. Wie schafft man es, besser zu sein als die anderen Marktteilnehmer? Wie kommt man schneller zu besseren Informationen? Wie kann man schneller sein als die Konkurrenz und wie kann man schlicht und einfach cleverer sein als die anderen? Das bedeutet oft, dass man den nächsten Schritt der anderen erahnen muss, bevor dieser ausgeführt wird. Das ist gar nicht so einfach und führt zu schwierigen Entscheiden, die oft einen spekulativen Hintergrund haben.

Der Händler muss antizipieren, wie es am Markt weitergehen wird. In welche Richtung werden die anderen Marktteilnehmer tendieren? Dieser Gedankengang muss vorweggenommen werden. Wie muss ich mich positionieren, damit ich so entscheide, wie es die Mehrheit tun wird. Diese Marktmeinung richtig zu erahnen, ist das A und O an der Börse und entscheidet über Gewinn oder Verlust. Eigentlich ganz einfach, oder? Man muss von zwei verschiedenen Möglichkeiten nur die richtige auswählen. Gehe ich long, oder eher short? Dollar kaufen, oder verkaufen?



Neben viel fachlichem Know-how ist auch eine hohe emotionale Kompetenz notwendig, damit man sich beim Handeln nicht von Lust und Gier auf Gewinn verleiten lässt und dabei das Risiko eines Verlustes völlig ausblendet. Der Händler muss die Fähigkeit und Bereitschaft haben, bei Entscheidungen bewusst ein kalkuliertes Risiko einzugehen. Er darf sich aber nicht von allzu risikobehafteten Geschäften mit hohem Gewinnpotenzial verleiten lassen und muss fähig sein, bei seinen Entscheiden den Nutzen für die Stakeholder der Organisation und den langfristigen Unternehmensvorteil im Auge zu behalten. Das ist sicher nicht einfach, wenn der kurzfristige Gewinn mit horrenden Boni versüsst wird. Hier braucht der Händler sehr viel Charakter und in einem gewissen Sinne auch eine soziale Verantwortung, damit er bei seinen Entscheiden auch die längerfristigen ökonomischen und sozialen Folgen seines Handelns berücksichtigt. Nur so kann er im Markt auf Dauer bestehen.

Heute wie zu Jeremias Gotthelf's Zeiten müssen unternehmerische Entscheide mit Fach- und Sozialkompetenz getroffen werden. So können "eigenes Ungeschick" und wirtschaftliche Misserfolge am ehesten vermieden werden und Geld und Geist nebeneinander florieren.

Bis bald

Simon

EQ-Blog@iek.ch