26.04.2012

Im Team über Befindlichkeiten zu sprechen macht stark

Im Umgang mit Neuem, Veränderungen und Druck spielen Gefühle eine wesentliche Rolle. Sind es negative Gefühle und werden diese ignoriert oder ausschliesslich auf einer sachlichen Ebene abgehandelt, verstärkt sich in der Regel eine eher defensive abwartende Haltung. Wie Mitarbeitende eine Veränderung aufnehmen oder mit Druck umgehen, hängt davon ab, inwieweit sie glauben, Kontrolle zu haben oder nicht.

Wir schauen bei nicht selber initiierten Veränderungen selten auf die Chancen und auf die positiven Seiten. Jede Veränderung wird von uns erst einmal auf ihre Bedrohlichkeit überprüft. Bei kleineren und grösseren Veränderungsprojekten ist – neben einer guten Informationspolitik, der schrittweisen Einführung usw. - wichtig, dass auch über Sorgen und Ängste und den Umgang damit geredet wird. Wenn wir keine Gelegenheit haben, über unsere Sorgen zu sprechen, gehen die Ängste in den Untergrund und schlagen sich dann in den unterschiedlichsten Abwehrstrategien nieder wie Widerstand, Gerüchten, Spekulationen und Katastrophen-Phantasien.

Das Sprechen über den eigenen Umgang mit Neuem oder mit Druck eröffnet neue Perspektiven und ermöglicht die gegenseitige Unterstützung im Team. Wenn jede Person von der anderen weiss, mit welchen Sichtweisen sie unterwegs ist, was sie braucht und was sie bereit ist zu geben, kann das bereits sehr entlastend sein und den Glauben an eigene Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten erhalten oder wieder aufbauen.

Es hat sich in verschiedenen Teams bewährt, zwischendurch „Befindlichkeitsrunden“ durchzuführen, in denen die Mitarbeitenden explizit aufgefordert werden, ihre Erfahrungen, ihre Befürchtungen, ihre Ärgernisse aber auch ihre Freuden zu formulieren. Solche Befindlichkeitsrunden haben mehrere positive Auswirkungen:
  • Formulierte, einmal beim Namen genannte Gefühle und Stimmungen (z.B. Befürchtungen, Ärgernisse) sind in der Regel weniger belastend, es kann darüber gesprochen werden.
  • Man hört, wie es anderen geht und wie andere mit der Situation umgehen. Das ermöglicht einerseits Verständnis für gewisse Verhaltensweisen und Reaktionen der anderen, andererseits zeigt es einem mögliche weitere Sicht- und Verhaltensweisen auf.
  • Man bringt in Erfahrung, was andere zur Unterstützung brauchen könnten. Durch den Austausch von Unterstützungsbedarf und Unterstützungsmöglichkeiten kann die Zuversicht zur Bewältigung herausfordernder Situationen gesteigert werden.
  • Ein solcher Austausch kann auch Anregungen geben, neue Lösungen auszuprobieren.

Empfehlung:
  • Durchführung bei besonderen Vorkommnissen, zu spezifischen Themen oder ca. alle zwei Monate.
  • Zeit je nach Teamgrösse auf ca. 10-20 Min. begrenzen. Es geht nicht um inhaltliche Diskussionen, sondern darum, dass sich jede und jeder kurz dazu äussert, was beruflich Sorgen bereitet oder was in letzter Zeit Freude bereitet hat.
  • Die unterschiedlichen Sichtweisen werden stehen gelassen und wirken bei jeder und jedem Einzelnen individuell nach. Wichtige Themen, die inhaltlich bearbeitet werden sollten, werden als Traktandum in die nächste Teamsitzung aufgenommen.


Bis bald

Stephan Arnold

EQ-Blog@iek.ch