Was haben Kindererziehung und Autofahren miteinander
zu tun? Eigentlich gar nichts, denken Sie spontan. Oder vielleicht doch? Bei
mir haben sie auf jeden Fall eine frappante Gemeinsamkeit. Bei beiden gerate
ich mit schöner Regelmässigkeit an meine emotionalen Grenzen. Und dies, obwohl
ich Autofahren eindeutig zu meinen Kernkompetenzen zähle (viele andere offenbar
auch). Dass ich Autofahren kann, oder zumindest darf, habe ich mit einem
Ausweis verbrieft, da gibt’s also keine Zweifel. Dass ich so kompetent bin und ein
Kind erziehen kann, wird von der Gesellschaft vorausgesetzt und vermutet. Jedenfalls
ist die Kindererziehung bis heute noch prüfungsfrei und jedem erlaubt. Aber das
ist ein anderes Thema.
Die Gründe, wieso ich beim Kindererziehen und
Autofahren immer wieder - und manchmal auch ziemlich rasch - aus der Haut
fahren könnte, sollen hier aber nicht aufgedeckt werden. Es wäre ein zu weites
Feld und würde einen zu tiefen Einblick in die Seele des Bloggers gewähren. Der
Fokus liegt mehr beim unterschiedlichen Umgang mit den Emotionen.
Beim Autofahren kann ich meine Gefühle hemmungslos
und unverblümt verbalisieren, meinem Rückspiegel alles anvertrauen und richtig
vom Leder ziehen. Nach diesem befreienden, nicht immer ganz jugendfreien, „Monolog“
geht’s mir viel besser und der Ärger ist
bald einmal verraucht. Aber gelöst ist nichts. Der oder die andere ist im
Verkehr verschwunden und hat wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, wie ich mich
geärgert habe und wird sich immer wieder so verhalten. Und ich werde mich immer
wieder ab ähnlichen Situationen aufregen. Insofern ist mein „Monolog“ nicht
viel mehr als Dampf ablassen, aber immerhin.
Bei der Kindererziehung widerstehe ich den Versuchungen,
mich ebenso laut zu äussern, manchmal nur knapp. Denn der Dreikäsehoch spielt
gekonnt auf der Klaviatur der Emotionen seiner Eltern und kann ganz schön
nerven. Grenzen auszuloten, gehört offenbar zum Erwachsenwerden. Dagegen ist
kein Kraut gewachsen, dem stelle ich mich mittlerweilen mit Geduld und
Gleichmut.
Im Unterschied zum Autofahren habe ich bei
Meinungsverschiedenheiten mit dem Dreikäsehoch ein Gegenüber und somit die
Möglichkeit zu kommunizieren, meinen Standpunkt klar zu machen und durchzusetzen.
Das ist nicht immer einfach, mache ich aber mit Einfühlungsvermögen, Respekt
und Wertschätzung. In den meisten Fällen auch mit der notwendigen Klarheit und
Bestimmtheit. Im grossen und ganzen fahre ich mit Zuhören und Erklären
eigentlich ganz gut. Rückschläge gibt’s natürlich immer wieder. Aber am Schluss
des „Dialogs“ sind wir in der Regel beide zufrieden, dass wir das Problem
gelöst haben und uns wieder verstehen und vertragen. Die Nerven sind beruhigt,
die negativen Gefühle machen langsam wieder positiven Gefühlen Platz und im
besten Fall freuen wir uns schon wieder auf etwas Neues.
So ein „Dialog“ ist anspruchsvoll, mühsam
durchzustehen und zeitraubend. Wenn alles durchgestanden ist, macht es aber
auch viel Freude, dass wir zusammen weitergekommen sind und aus dem Konflikt
etwas dazu gelernt haben. Deshalb spricht eigentlich alles für den Dialog und
nichts für den einsamen Monolog im Auto, oder?
Ich wünsche Ihnen schöne Osterferien und hoffe, dass
Sie in keinen Verkehrsstau kommen. Falls
doch, gehen Sie sparsam mit Monologen um….
Freundliche Grüsse Simon Streit