05.02.2013

Musterbrecher und emotionale Intelligenz


Neulich nahm ich in Bern an einer Human Resources-Veranstaltung teil, in welcher Herr Prof. Dr. Hans A. Wüthrich einen äusserst spannenden und unterhaltenden Vortrag über sogenannte „Musterbrecher“ gehalten hat. Als einer der Kerngedanken habe ich von dort mitgenommen, dass Führungskräfte vermutlich mehr für ihre Unternehmen tun könnten, wenn sie sich weniger mit „Systemperfektionierung“ (beispielsweise durch immer präziser gestaltete Zielpyramiden und ausgeklügeltere MbO-Prozesse), dafür aber umso mehr mit aktiver „Kontextgestaltung“ (der Selbstkontrolle vertrauen und Leidenschaft zulassen) beschäftigen. Dies ist zwar kurzfristig weniger messbar, aber dafür umso wirkungsvoller und nachhaltiger.

Als Mitgründer des iek haben mich nicht nur dieser eine Gedanke, sondern vor allem auch die Herleitung und die dabei verwendeten Begrifflichkeiten erst einmal fasziniert. Ich habe dann auf der Website www.musterbrecher.de noch etwas rumgestöbert und bin schliesslich auf einen weiteren Artikel gestossen über Leadership und „Wettbewerbsvorteile 2. Ordnung“.

  
„Was soll denn das nun schon wieder sein?“dachte ich zuerst. Doch dann – nach eingehender Lektüre – war ich positiv überrascht. Was ich da soeben gelesen hatte, war das nicht einfach ein Plädoyer für eine Grundhaltung, die wir im iek eigentlich schon seit vielen Jahren vertreten, wobei es uns wohl bisher noch nie gelungen ist, dies so treffend und klar zu formulieren? Dabei ist die Unterscheidung von herkömmlichen Wettbewerbsvorteilen (solche „1. Ordnung“) und solchen 2. Ordnung ebenso simpel wie sinnvoll und unmittelbar einleuchtend. Während es bei der ersten Kategorie um die altbekannten Aspekte wie Produkt- und Dienstleistungsinnovation, um Qualitätsvorsprung und Markenstärke geht, steht bei der zweiten Kategorie vielmehr die Unternehmenskultur im Zentrum. Es geht um nichts anderes als um die Mitarbeitenden, die Freiräume erleben, sich mit Leidenschaft einbringen und dem Unternehmen die eigene Intelligenz und volle Schaffenskraft wirklich zur Verfügung stellen. Denn was ist wertvoller als Mitarbeitende zu haben, die vom eigenen Unternehmen begeistert sind und die keinen Grund haben, nicht ihr Bestes zu geben?

Aber wie erreicht man das? Wie kann es gelingen, bei den Mitarbeitenden längerfristig Freude und Begeisterung für die Arbeit zu entfachen? – Nun, wohl kaum durch perfekt strukturierte Prozesse und sauber formulierte Jobdescriptions. Damit kann man zwar kurzfristig die Effizienz steigern, aber die Herzen der Mitarbeitenden erreicht man damit sicher nicht. Wir kommen der Sache sicher schon etwas näher, wenn wir uns eine Führungskraft vorstellen, die es sich gewohnt ist, mit Emotionen im Berufsalltag ganz natürlich umzugehen und ihnen auch den nötigen Stellenwert zu geben. Auf diesem Weg gelingt es wahrscheinlich am ehesten, eine Lebenswelt zu schaffen, der man gerne angehört, ein Umfeld, in dem man sich wohl fühlt und vor allem einfach mal sich selbst sein kann. Das entspannt unheimlich und git ä gueti Luune!

Gefühle sind ansteckend – wie wir alle wissen. Und sie können sich dort am besten entfalten, wo sie grundsätzlich willkommen sind: In einer emotional intelligenten Unternehmenskultur. Musterbrecher müssen daher vor allem emotional intelligente Menschen sein!

Viel Spass beim Experimentieren und beim Schaffen von Wettbewerbsvorteilen 2. Ordnung wünscht Ihnen

Bob Schneider

EQ-Blog@iek.ch