Kürzlich bin ich im Netz über einen Artikel gestolpert, der mich faszinierte und irgendwie auch nachdenklich stimmte:
Er handelte von Bhutan, einem Land in Südasien, das etwa so gross wie die Schweiz ist. Im Süden grenzt es an die indischen Bundesstaaten und im Norden an Tibet. Was das Land aber so anders macht, ist der ehemalige König Jigme Singye Wangchuk, der Erfinder vom „Bruttonationalglück“. Bereits vor mehr als 30 Jahren entschied er, das Bruttonationalglück über das Bruttonationaleinkommen zu stellen. Nicht Wirtschaftswachstum sollte das wichtigste Entwicklungsziel des Landes sein, sondern das „Bruttonationalglück“. Damit ist gemeint: Jeder Mensch in Bhutan soll so glücklich wie möglich leben können und die Regierung schafft entsprechende Rahmenbedingungen. Zur Information an dieser Stelle die Definition im Wikipedia von „Bruttonationalglück (BNG)“: Es ist der Versuch, den Lebensstandard in breit gestreuter, humanistischer und psychologischer Weise zu definieren und somit dem herkömmlichen Bruttonationaleinkommen, einem ausschließlich durch Geldflüsse bestimmten Maß, einen ganzheitlicheren Bezugsrahmen gegenüberzustellen.
Im 2006 übernahm der Sohn des früheren Königs die Macht und 2008 fanden in Bhutan die ersten Wahlen statt. Seitdem gibt es eine Verfassung, in der Bruttonationalglück als Staatsziel verankert ist. Der junge König hat die Prämissen seines Vaters, die zu mehr Glück der Untertanen führen sollen, weitestgehend übernommen. Dazu gehört neben einer „guten Regierungsführung“ ein nachhaltiges und gerechtes Wirtschaftswachstum, der Erhalt der bhutanischen Kultur und Umweltschutz. 60 Prozent des Landes stehen unter Naturschutz, insbesondere die einzigartigen Himalayawälder, die in Nepal oder Tibet rücksichtslos abgeholzt wurden. Wer in Bhutan einen Baum fällt, muss zwei dafür nachpflanzen. Allerdings gab und gibt es auch viele Vorschriften: Zu offiziellen Anlässen müssen die Menschen traditionelle Kleidung tragen. Häuser dürfen nur im bhutanischen Stil gebaut werden. Rauchen, Werbung und Plastiktüten sind untersagt.
Diese menschenfreundliche Politik liegt an der buddhistischen Tradition des Landes. Nächstenliebe und Toleranz stehen seit jeher im Zentrum der Religion. Die Überwindung von Gier und anderen Schwächen soll zu innerer Ausgeglichenheit und Glück führen. Nach buddhistischer Vorstellung ist ein Zustand des Glücks sogar der ursprüngliche Zustand, in dem sich jeder Mensch befindet, der nicht von bösen Gedanken beherrscht wird. Durch Meditation und andere religiöse Praktiken kann er diesen Zustand wieder erreichen – als dauerhaften Zustand. Damit ist Glück nicht nur ein Moment kurzer Euphorie, wie wir uns im Westen dies meistens vorstellen. Der Besitz materieller Güter macht nach buddhistischen Vorstellungen nicht glücklich, wird aber auch nicht kategorisch abgelehnt. Vielmehr geht es darum, materielle und spirituelle Bedürfnisse in Einklang zu bringen.
Bei dieser Gelegenheit habe ich mir die 94 Seiten der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 zu Gemüte geführt und festgestellt, dass bei uns dem Wort „Freiheit“ sehr viel mehr Platz eingeräumt wird. Aber tatsächlich, mit dem Suchbegriff „Glück“ landete ich einen Treffer und musste dann doch ein wenig schmunzeln: „Übergangsbestimmung zu Art. 106 (Glücksspiele)“.
Jetzt könnte hier eine Diskussion über die Definition von Glück und „glücklich sein“ folgen…
Weitere Infos finden Sie:
http://www.welt.de/debatte/die-welt-in-worten/article13604103/Glueck-statt-Wachstum-als-Regierungsziel.html
http://www.zeit.de/2011/49/Kapitalismuskritik-Bhutan
http://de.wikipedia.org/wiki/Bruttonationalgl%C3%BCck
Ich wünsche euch einen schönen Tag und dass das Glück euch findet.
Karin Grisenti Schneider
EQ-Blog@iek.ch