Ich kann es nicht; nicht einmal beim Kauf eines neuen Handys. Für gute Entscheidungen ist eine seriöse Auseinandersetzung mit dem Entscheidungsgegenstand notwendig; beim Handykauf beispielsweise mittels einer Liste mit den notwendigen Funktionen, der Batterielaufzeit, dem Aussehen usw. - aber was soll ich nicht berücksichtigen? Je weniger eigene Erfahrungen ich mitbringe, desto mehr muss ich bewusst überlegen. Dabei stösst meine bewusste Verarbeitungskapazität schnell an Grenzen. Deshalb wähle ich dann den Weg, mich beraten zu lassen. Ich bespreche mein Vorhaben mit „Experten“. Aber welche Meinungen und Vorschläge soll ich beachten? Irgendwann kristallisiert sich dann doch eine Entscheidung heraus, ich kann auch ein paar gute Gründe nennen, werde meine Wahl aber nicht ins letzte Detail begründen können, immer spielt auch ein Bauchgefühl und Intuition mit: „Samsung spricht mich an“, „dem Meier vertraue ich“. …
Gefühle können in die Irre führen, oft sind sie aber schlauer als der Verstand!
Es geht mir nicht darum, den „Verstand“ zu verteufeln und die „Gefühle“ in den Himmel zu loben. Gefühlsmässig würden wir vermutlich immer noch behaupten, die Erde sei eine Scheibe. Wer seinen Gefühlen in esoterischer Ekstase blind vertraut und vernünftige Erwägungen ausblendet, stösst ebenso an Grenzen, wie ein analyseversessener Hyperrationalist. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Diese gilt es bewusst zu nutzen. In psychologischen und neurowissenschaftlichen Untersuchungen (z.B. Gerhard Roth) konnten folgende zwei Hypothesen bestätigt werden:
- Wer bereits Erfahrung auf einem Gebiet hat, kann sich meist auf sein Bauchgefühl verlassen. Ist man dagegen ein blutiger Laie, profitiert man häufig davon, sich mehr Zeit zu lassen, sich ausführlicher und bewusst mit der Situation auseinanderzusetzen.
- Je unübersichtlicher und komplexer eine Situation ist, desto öfter versagt am Schluss die Analyse, und die Intuition entwickelt Vorteile.
Wenn wir zwischen Alternativen wählen, greift unser Gehirn auf eine Bibliothek von Erfahrungen und Gefühlen zurück, die es zuvor angesammelt hat. Im emotionalen Erfahrungsgedächtnis wird das Wissen in Form von Gefühlen und Körperempfindungen gespeichert, der Neurowissenschaftler Antonio Damasio nennt diese somatische Marker. An den meisten Entscheidungen, die wir in der Alltagssprache als „vernünftig“ ansehen, sind immer auch Emotionen beteiligt.
Fazit
Emotionen und damit verbundene Körperempfindungen stellen einen wesentlichen Bestandteil vernünftiger Entscheidungen dar. Maja Storch sagt: „Ein Kribbeln im Bauch oder ein Zittern im Knie kann unter Umständen mehr Einfluss auf Entscheidungen ausüben als zwanzig Aktenordner.“
Erwähnte Literatur:
- Roth, G. (2007). Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. Klett-Cotta
- Storch, M. (2003). Das Geheimnis kluger Entscheidungen – von somatischen Markern, Bauchgefühl und Überzeugungskraft. Pendo: Zürich
Bis bald
Stephan Arnold
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