Peter Drucker, der Führungs- und Management-Guru der 80er Jahre, meinte kurz vor seinem Tod zu der Frage, was denn seine wichtigste Erkenntnis sei, die er nach all den Jahren Auseinandersetzung zum Thema Führung und Management der Nachwelt hinterlassen möchte, 'dass die Aufgabe der Führung sei, die Stärken der Mitarbeitenden so zu bündeln, dass die Schwächen irrelevant würden‘.
Wie das genau erreicht werden kann, darauf liefert die in den 90er Jahren vom amerikanischen Organisationspsychologen David Cooperrider entwickelte Methode Appreciative Inquiry (übersetzt: 'wertschätzende Erkundung') eine Antwort. AI ist eine Philosophie und Methode zur Anregung und Unterstützung von Entwicklungs- und Veränderungsprozessen von Menschen und Organisationen. Der Kern dieses Ansatzes liegt in einer radikalen Hinwendung auf die Ressourcen und Chancen. Ausgehend von einer Problemsituation wird der Blick konsequent auf das 'halb-volle Glas' und auf herausfordernde Ziele gerichtet und nicht, wie wir das gewohnt sind, auf das zu Korrigierende.
Appreciative Inquiry kann dabei sowohl für kleine Prozesse - als wertschätzendes Interview - als auch für grosse Change-Prozesse in Organisationen genutzt werden. Die Prinzipien und Annahmen sind immer dieselben:
- In jedem sozialen System, bei jedem Menschen, in jedem Leben gibt es etwas, das gut funktioniert
- Wir finden immer das, wonach wir fragen
- Was wir ins Auge fassen, wird wahr(genommen)
- Menschen vertrauen einer Reise in eine unbekannte Zukunft mehr, wenn sie Teile aus der Vergangenheit mitnehmen
- Wenn wir Teile der Vergangenheit mitnehmen, dann sollten es die besten Teile sein.
Wie funktioniert Appreciative Inquiry?
Haben Sie Lust auf einen kleinen Energieschub? Dann Fangen wir doch gleich mit einer kurzen
Übung an!
Beantworten Sie folgende Fragen für sich selber oder erkunden Sie die Antworten mit jemandem aus Ihrem näheren Umfeld:
1. Wenn
Sie – ohne falsche Bescheidenheit – an sich selbst denken:
a. Was
schätzen Sie an sich als ProfessionistIn am meisten?
b. Was
schätzen Sie an Ihrem Beruf am meisten?
c. Was
schätzen Sie an Ihrer Organisation (an Ihrem Selbstständig-Sein am meisten)?
2. Sie
haben in Ihrem Leben vermutlich einige Auf und Ab‘s bezüglich Führung und
Energie erlebt. Wenn Sie sich an eine Führungssituation (als Führender oder
Geführter) erinnern, in der Sie sich besonders energievoll, lebendig, vital und
innovativ gefühlt haben, die für Sie ganz ausgezeichnet war:
a. Was
war das für eine Situation?
b. Worum
ging es dabei?
c. Was
hat dazu beigetragen, dass die Situation so ausgezeichnet war?
3. Wenn
Sie an ‚Führung und Energie‘ denken: was sind Ihrer Meinung nach die
wichtigsten Faktoren, die dazu beitragen?
4. Wenn
Sie an Ihre eigene Energie und Ihr Konzept von Führung denken: Was wären Ihre 3
wichtigsten Wünsche, damit Sie entsprechend Ihrer Vision leben können?
5. Was
könnten Sie konkret unternehmen, damit diese Wünsche in Erfüllung gehen?
…Und? Wie fühlen Sie sich? Ich hoffe, leicht energetisiert und motiviert. Denn das wäre das Ziel gewesen. Mit solchen Fragen werden Mitarbeitende, Teams oder Organisationen zu ihren Ressourcen geführt, um zu fördern was bislang gut lief, und um zukünftig noch bessere Ergebnisse zu erzielen.
Die AI-Methode wir in vielen Unternehmen in den USA bereits verwendet, im deutschsprachigen Raum gewinnt AI immer mehr Anhänger. Wenn Sie mehr wissen wollen zum Thema, empfehle ich Ihnen folgende Lektüre:
- Das Buch von M. Bosen und C. Maleh, Appreciative Inquiry: Der Weg zu Spitzenleistungen. Beltz-Verlag, ist derzeit das einzige deutschsprachige Buch zum Thema.
- Umfassendere Infos zur Methode auf Englisch gibt’s im Handbuch von D.L. Cooperrider, D. Whitney und J.M. Stavros: Appreciative Inquiry Handbook: For Leaders of Change. Mcgraw-Hill Professional (2008).
Viel Vergnügen und viel positive Energie wünscht Ihnen
Ursula Stalder
EQ-Blog@iek.ch